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TGB-Studierende sind unter die Autor*innen gegangen

02.07.2025

Jedes Kinderbuch ist ein kleines Kunstwerk

Das Theresia-Gerhardinger-Berufskolleg (TGB) hat jetzt seine eigenen Kinderbücher im Portfolio. Die angehenden Erzieher*innen und Heilerziehungspfleger*innen des Vertiefungskurses „Medien“ sind unter die Autor*innen gegangen. Ihre Testleser*innen sind begeistert. Die Probeexemplare sind gedruckt und bereichern das Mediensortiment in der Schulbibliothek. In drei Kleingruppen haben die Studierenden dafür Vorlesebücher für unterschiedliche Altersgruppen konzipiert, geschrieben, illustriert und gelayoutet. Entstanden sind drei komplett unterschiedliche Werke. Was sie eint: Alle sind kleine Kunstwerke, in die viel Liebe, Zeit und Leidenschaft geflossen sind.  

„Matti Murmeltier – keine Lust auf Winterschlaf"

Da ist Matti, der zu neugierig ist, um sich für seinen Winterschlaf ins Bett zu kuscheln. Vielmehr reizt es den fantasievollen, etwas verpeilten und zerstreuten Murmeltierjungen herauszufinden, was seine Freunde – der Hirsch, das Eichhörnchen, die Gans und der Schneehase – in den Winterferien machen, wenn er normalerweise im Tiefschlaf liegt. Mit seinen liebenswürdig-naiven Gedankengängen liegt er oft daneben, was jedoch den Charme des Buches ausmacht. So lernt die Zielgruppe – Vorschul- und Grundschulkinder ­ – auf lustige Art einiges über die Tiere und über Freundschaft.

Zum Leben erweckt haben die Studierenden ihre Geschichte in liebevoller Kleinarbeit. Die Ausmalbilder, die sie dem Know-how einer befreundeten Mediendesignstudentin verdanken, haben sie alle per Hand coloriert. Die illustrativen Entscheidungen gingen bis ins Detail: Um dem zerstreuten Charakter von Matti beispielsweise die passende Optik zu verleihen, spickten sie seine Latzhose, die er im Übrigen nur einseitig zuknöpft, mit Flicken.

„Marienkäfer Mo – Punkt für Punkt besonders“

Wer an Marienkäfer denkt, der denkt an Punkte. Doch der Rücken von Marienkäfer Mo ist blank. Seine Punktlosigkeit möchte er vor seinen Spielkamerad*innen im Kindergarten unbedingt geheim halten. Mit Wachsmalstiften kaschiert er sein andersartiges Aussehen. Wenn nicht eines Tages Elefant Ebbo, der Klassenclown der Gruppe, auf die Idee gekommen wäre, den anderen mit seinem Rüssel eine Wasserdusche zu verpassen…

Die Botschaft an die zwei- bis vierjährige Leserschaft: „Man muss sich nicht verstellen oder dafür schämen, wer man ist“, betonen die Autor*innen und verraten schon so viel: Rückendeckung bekommt Mo von Marienkäfer Mina. Ihrem Lesestoff rund um die Akzeptanz des Andersseins haben die Studierenden mittels digitaler Werkzeuge und Techniken ein cartoonhaftes Gesicht gegeben und dabei auf kinderansprechende Pastelltöne und helle Farben gesetzt. Ihre große Challenge: den Text für die junge Zielgruppe so einfach wie möglich zu formulieren.

„Wollfang und der rote Faden“

Benjamin ist meist alleine. Sein alleinerziehender Vater muss ihn oft bei seinen Großeltern „parken“ und Freunde in der Schule wünschte er sich bislang vergeblich. Trost findet er bei seinem imaginären Freund. Da Benjamin gerne häkelt, ist sein Fantasiefreund aus Wolle: Wollfang, das rote Wollmonster, wächst proportional zu Benjamins Gefühlen. Quälen den einsamen, stotternden und gehänselten Jungen die Traurigkeit oder Verzweiflung besonders, türmt sich auch Wollfang in seiner ganzen roten Wollpracht auf. Bis die freche Lilly in Benjamins Leben tritt.

Auch das dritte Autorenteam möchte mit seinem Werk zeigen, was echte Freundschaft bedeutet – im Fokus haben sie Erst- und Zweitklässler*innen. Auf der Suche, den Plot um Facetten der Heilerziehungspflege zu bereichern, sind die Studierenden auf Benjamins Sprechstörung gekommen. Die sie auch im Schriftbild durch abgehackte Buchstabenwiederholungen visualisieren. Der Typografie hat die Projektgruppe ein besonderes Augenmerk gewidmet: Wollfangs Redeparts fließen in roter Schreibschrift ein – in Wolle-Schriftart. Auch im Design ihrer Protagonisten haben sich die Studierenden für zwei kontrastive Stile entschieden. Dem roten, voluminösen Wollmonster steht die skizzenhafte, minimalistische, selbst gezeichnete Darstellung Benjamins gegenüber.

Ein Gespür für Bilderbuchbetrachtung gewinnen

Kursleiterin Eva-Maria Jochheim ist nicht nur unheimlich stolz auf das überbordende Engagement ihrer Studierenden, die viel Freizeit geopfert haben für die Vision, ein eigenes Buch in der Hand zu halten. Sie ist auch begeistert von den Ergebnissen. „Die Studierenden haben mich mit ihren Geschichten gepackt. Es sind drei ganz unterschiedliche liebenswerte Bücher entstanden, auf die sie stolz sein können. Das eine Buch besticht durch seine Tiefe, das andere ist ein wunderbares Buch mit Witz zum Vorlesen oder Selbstlesen und das dritte ist eine phantasievolle, liebevoll illustrierte Geschichte für die ganz Kleinen.“

Spannungsbögen, liebenswerte Charaktere, einfache Sprache, bildreicher Schreibstil, Identifikationsmöglichkeiten, ein packender Titel, die richtige Schriftgröße – wie man die junge Leserschaft in seinen Bann zieht, war ein vielschichtiger Lernprozess, für den es in die hohe Kunst der Bilderbuchbetrachtung einzutauchen galt – das Lernziel des Kurses. „Die Bilderbuchbetrachtung ist eines der schwierigsten pädagogischen Angebote. Die Fachkräfte müssen selbst tief einsteigen, um den Inhalt eines Bilderbuches zu vermitteln“, sagt Eva-Maria Jochheim. Wie könnten die Studierenden besser in die Facetten der Kinderbuchmethodik eintauchen, als selbst ein Kinderbuch zu entwerfen? In ihrem Arbeitsprozess haben die angehenden Erzieher*innen und Heilerziehungspfleger*innen die Brille des Kindes aufgesetzt und ein Gespür für die Altersgruppen entwickelt. „Sie haben selbst erlebt, wie viel ein Kinderbuch hergeben kann“, berichtet die Lehrerin.

Welche Fülle auch das Kinderbuchprojekt in seiner Gesamtheit zutage gebracht hat, davon ist die Vertiefungskursleiterin fasziniert. „Die Ergebnisse spiegeln die Vielfalt der Menschen wider, die am TGB zusammenkommen“, betont die Projektleiterin. „Denn jede Gruppe ist ihren eigenen Weg gegangen und hat ihre Ideen und Fantasie, ihre individuellen Stärken und ihren persönlichen Ausdruck eingebracht.“

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